Samstag, 8. Februar 2014

Wie tickt (m)eine Kuh?

Eine Kuh sieht anders, riecht anders und fühlt anders als der Mensch. Zu diesem Thema gab es vorgestern in Traunstein einen Vortrag, von dem ich im Autoradio erfuhr. Das interessierte mich doch mal.

Gepflegte Kühe im Freilaufstall
Die Chiemgauhalle in Traunstein (klick) ist ein Veranstaltungsort, wo Viehmärkte und Pferdeausstellungen stattfinden.  Zu dieser Halle gehört eine kleine Gastronomie, die Chiemgau-Stuben. Dort werden Versammlungen der Landwirte und des Maschinenhilfsringes abgehalten. Auch Informationsabende. Und an diesem Abend eben über das Wesen des Rindviehs.

Vorbereitungen zum Vortrag für Landwirte in Traunstein
Als Preussin unter all den oberbayrischen Landwirten kam ich mir etwas seltsam vor, als ich die Gaststube betrat. Dabei hatte ich mir extra Original-Haferlschuhe und einen bayrisch-blauen Janker angezogen. Ich setzte mich zu zwei Bäuerinnen an den Tisch.

Chiemgau-Stuben in Traunstein - Vortrag über Kühe
Es war etwas kühl im Gastraum. Deshalb behielt ich meinen Janker an. Der Stuhl unterm Popo war eiskalt. Ich fragte den Kellner, ob er nicht ein Kissen habe. Nein, das gäb es hier nicht.
Damit ich meine Weißweinschorle nicht in einem Bierglas bekam, bat ich, sie mir in einem Weinglas zu reichen. Nein, das gab es dort auch nicht. Aber diese dicken Gläser mit Henkel gab es. 
Ich sagte lieber gar nichts mehr, fiel ich durch meine Nörgelei doch nur noch mehr auf.

Seminarleiter Peter Wametsberger ist Landwirtschaftsmeister. Er gestaltete seinen Vortrag so spannend, dass ich als Laie staunte, an wie viele Gefahren die Bauern in ihrem Job täglich denken müssen.
Durch den sicheren Umgang mit Rindern kann man viele Arbeitsunfälle im Stall verhindern.

Warum kann es sein, dass eine Kuh beim Anhalftern zurückrumpelt, den Kopf nach unten nimmt und mich von unten nach oben anschaut?
Eine Kuh hat einen sehr engen Sichtwinkel, für deutliches Sehen in nächster Nähe muss sie den Kopf nach unten nehmen.

Alles will ich jetzt hier nicht schreiben, was ich hörte. Aber es gibt ein Filmchen darüber.

Klick hier: Der Kuh-Versteher

Da Peter Wametsberger einen so krassen bayrischen Dialekt sprach, musste ich zwischendurch immer Fragen stellen, damit ich verstand. Das gereichte zwar zur Belustigung der Bauern, die meine Kommentare mit Lachen begleiteten, aber das war mir gleich. War ja auch normal. 

Es fielen Vokabeln wie 
abkalben  =  wenn die Kuh ein Kälbchen gebiert

besamen der Kuh  =  entweder natürlich durch den Stier  
                                   oder eben künstlich durch den Besamer

Austragler =  Kurzwort für Austragsbauer, das ist der Altbauer, 
                        der in den Ruhestand gegangen ist

Zu einer Unfall-Geschichte machte ich ein Foto von der Leinwand.

Zur Vergrösserung auf's Bild klicken.


Beim Vortrag über Rinder in der Chiemgauhalle Traunstein
Dieser brave Zuchtbulle riss versehentlich dem Jungbauern vier Finger von der Hand, indem er nur den Kopf hob. Der Junge hatte den Bullen an einem Ring anbinden wollen und hatte die Finger darin.

Eine Geschichte muss ich aber hier doch wiedergeben.
Ein Bauer hatte den Viehtransporter für den anderen Morgen um halb fünf bestellt. Es sollten fünf Mastbullen verladen werden. Der Fahrer des Wagens hatte aber Startprobleme und kam erst um viertel nach fünf. Um sechs sollte der Bauer aber schon in der Arbeit sein. Nun musste es schnell gehen. Und wie das dann so ist, werden alle nervös. Um viertel vor sechs waren vier Bullen über die Rampe in den Transporter gegangen. Der fünfte Stier wollte und wollte nicht. Da nahm der Bauer die Mistgabel und stach dem armen Tier damit in die Flanken und das Hinterteil. Da drehte sich der Bulle um und ging natürlich auf den Bauern los. Keiner konnte helfen. Das Drama hat eine Stunde gedauert. Der Stier war ausser sich. Als der Mann tot war, ging der Bulle aus der Nische, in der das Unglück stattfand und seitlich an der Rampe wieder zurück in seinen Stall.

Furchtbar, was alles passieren kann, wenn man es eilig hat!

Als Fragen gestellt wurden, hob ich meinen Finger und wollte wissen, ob bei so einem Unfall die Versicherung reguliert. Ich meine, wenn der Bauer so einen gravierenden Fehler macht, könnte das beanstandet werden.

Peter Wametsberger sagte aber, dass dafür die Landwirtschaftliche Sozialversicherung zuständig ist. Sie kommt für diese Unfälle auf, für die Rente der Bauern, Kranken- und Pflegekasse.
In diesem Fall übernimmt die Versicherung auch die Beerdigungkosten. Daraufhin fragte ich entsetzt:
"Wie? Nur die Beerdigungkosten!?"

Die Bäuerinnen an meinem Tisch sagten mir dann aber, dass sich die Bauern für größere Auszahlungen eben selbst unfall- und lebensversichern müssen. Diese Absicherung hätten auch die meisten.

Zum Schluss seines Vortrages empfahl Wametsberger den Zuhörern noch das Buch der amerikanischen Autistin Temple Grandin, die sich in die Tiere hineinversetzen kann. 



Diese Frau hatte auch entdeckt, dass Rinder nicht  - wie wir - durchgehende Bewegungen sehen können, nein, sie erkennen nur eine ruckartige Bildabfolge. So etwa wie in der Disco, wenn unter dem flackernden Blaulicht getanzt wird und das Auge nur die abgehackten Bewegungen sieht.

Als der spannende Vortag zuende war, unterhielt ich mich noch nett mit den Gästen am Tisch. Links neben mir saßen drei Jungs, die eine landwirtschaftliche Lehre machten. Einem gab ich meine Kamera, damit er ein Erinnerungsbildchen macht.

Marlies aus Übersee (Chiemsee)  - Gerti aus Tittmoning - ich
Es war dann noch so gemütlich, dass ich am liebsten noch etwas geblieben wäre. Aber die Bäuerin Gerti musste am nächsten Tag um fünf Uhr aufstehen. Ja, so ist das nun mal, wenn man in den Stall muss! 

Hier habe ich mal für Interessierte den Prospekt fotografiert:











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