Freitag, 30. November 2012

Der alte Mesner

Weil ich mehr zur Geschichte der verunfallten Doktorin im September 1961 erfahren wollte, ging ich in das Haushaltswarengeschäft, das einer früheren Freundin gehört. Regina weiß alles. Und wenn nicht, dann weiß sie, wer was weiß. Damals in der Clique hieß sie kurz Ritchie.
Ritchie kramte in Kartons mit Weihnachtsdeko und stand auf der Leiter.
"Ritchie, ich brauche einen alten Menschen im Dorf, der sich an einen Unfall aus 1961 erinnert", sagte ich und zeigte ihr das Foto mit dem Gedenkstein. Sie war erstaunt und wußte davon gar nicht. Wie die meisten Einheimischen. Die Touris wissen oft mehr.

"Komm", sagte sie "ich bring dich zum Eckei, des is der oide Mesner, der im Leichenhaus wohnt".
"Nee, Eckei hört sich so jung an, der muß mindestens 80 sein", meinte ich.
"Reichen dir 86 Jahre?", antwortete sie, und wir beide rannten aus dem Geschäft wie die kleinen Kinder, über den Rathausplatz und um die Ecke zum Leichenhaus.

Der oide Eckei stand draußen, wollte grad ins Haus gehen. Ritchi machte uns bekannt. Wir gingen in seine warme Stube, wo alles ordentlich seinen Platz hatte. Auf dem Küchentisch war es schon vorweihnachtlich dekoriert. In der Mitte ein silberner Bilderrahmen, auf dem der Eckei mit seiner Frau und dem Enkel zu sehen war. Auf dem Bild trug er eine schwarze Augenklappe. Ihm fehlte das linke Auge, deshalb waren die Augenlider zugenäht worden.

Der alte Mesner hatte viel zu erzählen


Nun wollte ich nicht Eckei zu ihm sagen. Sein Name war Josef. Wir setzten uns auf sein altes Chaiselongue. So eins hatte meine Oma auch damals in der Küche. Ritchie fotografierte uns schnell und erklärte dem oiden Eckei, dass er nun ins Internet käme. Dann vertschüsste sie sich und rannte wieder zurück ins Geschäft.

Ich zeigte Josef auf der Kamera das Foto von dem Gedenkstein der Doktorin, die damals auf der Autobahn verunglückt sei. Von dem Stein wusste er nichts. Aber an den Unfall konnte er sich noch sehr gut erinnern. Das ganze Dorf sprach davon. Dass ich mich dafür interessierte, das fand er gut. Aber was aus der Doktorin geworden ist, ob sie nach Sofia überführt wurde, darüber konnte er mir keine Auskunft geben. Ich schloss dann auch das Thema ab.

Josef war so lieb und sprach ein so schönes Deutsch "nach der Schrift", dass ich ihn fragte, wie das kommt. Er hatte damals die Landwirtschaft unterhalb der Kirche. Ab 1937 hatte er die ersten KdF-Sommerfrischler auf seinem Hof. KdF = Kraft durch Freude. 
"Der erste Sommergast war der Herr Thurgau. Er kam aus Hannover und hatte eine Anstellung bei den Gummiwerken CONTINENTAL", erzählte er. Seinen Vornamen wusste er nicht mehr. Aber seine Frau, die hat Eva geheissen. Und die Tochter dann auch. Der Herr Thurgau sei dann im Krieg gefallen. 
Und dann war der zweite KdF-Sommerfrischler der Herr Parl, der sei Berufsfotograf gewesen.

Das Foto auf dem Küchentisch, da lebte Mutti noch. So nannte er liebevoll seine Frau. Sie ist vor fünf Jahren nach einer Hüftoperation an einer Embolie gestorben.

Ich fragte ihn, wie es kam, dass er sein Auge verlor. 
Josef war damals bei der Friedhofsverwaltung bei den Böllerschützen.

Zur Erklärung für den Unkundigen: in Bayern ist es noch Sitt' und Brauch bei verstorbenen Männern, die im Krieg waren oder die sich sonstwie gemeindlich verdient gemacht haben, dass bei dessen Beerdigung geschossen wird. Dafür gibt es sogar eine Böllerschützenverordnung. Einen Link füge ich mal am Ende des Berichtes ein.

Im Jahre 1955 musste er wieder bei einer Beerdigung schießen. Es sollte an diesem Tag sowieso das letzte Mal sein. So war es beschlossen. Die Männer standen in der Reihe, der Erste feuerte ab, der Zweite usw. Der Josef schoss als Letzter. Er hatte eine neue Lunte eingesetzt, die war fehlerhaft, weil zu kurz. So kam es, dass die Lunte nach dem Entzünden nicht erst nach ein paar Sekunden das Pulver entzündete sondern sofort. Und so schoss die Ladung in Josefs Auge. Anfangs konnte er auch mit dem anderen Auge nicht sehen. Das kam dann später wieder. Ich erfuhr von der Notoperation und dem Transport nach München in die Universitätsklinik. Der Josef erzählte alles ganz detailliert.

Als wir aufstanden, bedankte ich mich für das interessante Gespräch. Dann erklärte ich ihm das, daß ich eine Art Internet-Tagebuch schreibe und über alte Geschichten berichte und er darin mit dem Foto darin vorgestellt wird. Ob er damit einverstanden sei. Ich umarmte den alten Josef ganz fest und wünschte ihm, daß er noch 100 Jahre alt wird, so geistig fit wie er ist.

"Ach, das mit dem Internet ist mir gleich. Und 100 Jahre alt will ich gar nicht mehr werden. Ich will bald zur Mutti", lächelte er.
Ich nickte nur. Hab ihn verstanden.

http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6llerschie%C3%9Fen





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Donnerstag, 29. November 2012

Der Gedenkstein

Als ich gestern am Nachmittag in den Wald fuhr, wo ich den Schimmelreiter aus dem Nebel traf, kam ich vorher an einer Stelle vorbei, an der ich mich als Kind oft mit meinen Schwestern aufgehalten habe. Dort neben der Ache stand etwas, das wir jedes Jahr besuchten, wenn wir Ferien auf dem Bauernhof machten.

Ein Tiefbauunternehmen erneuert jetzt dort unter der Autobahnbrücke das Bachbecken der Stoißer Ache. Dicke Felsbrocken zur Befestigung des Bachufers liegen da herum, Bagger, Lastwagen; das gefiel mir gar nicht. Hoffentlich steht das noch da, was wir immer besucht hatten.

Ich war 10 Jahre alt. Wir saßen mit den Eltern und meinen beiden kleineren Schwestern in der "Guten Stube" beim Frühstück, da kam die Bäuerin aus der Küche und erzählte, daß die Nacht ein furchtbares Unglück geschehen sei. Eine Frau sei mit ihrem Auto gegen die Leitplanke gefahren und hinausgeschleudert worden. Dabei wäre der Kopf von der Leitplanke abgetrennt worden. Der Körper lag wohl in der Ache, den Kopf fand man erst später im Laub zwischen den Bäumen.
Es sei eine G'studierte gewesen, eine Doktorin, so sagte die Bäuerin.

Ein Jahr später kam das Gespräch unter den Erwachsenen wieder darauf. Wir erfuhren, daß man in der Nähe der Autobahnbrücke einen Gedenkstein hingesetzt hatte. Dorthin, wo sie den Kopf gefunden hatten.
Nach dem Mittagessen lief ich mit meinen Schwestern die Alm hinunter in den Wald, wo sich das Unglück das Jahr vorher zugetragen hatte.
Wir suchten zu dritt im Zickzackschritt alles zwischen den Bäumen ab, bis wir diesen Gedenkstein fanden. Voller Ergiffenheit lasen wir auf der Metallplatte den Text, der unter einem Frauenkopf-Relief stand:


Zum Gedenken
Dr. Dr. Zweta Schalm
Ärztin und Zahnärztin
geb. 1914 in Sofia/Bulgarien
Sie verunglückte hier am 17.9.1961
Als aufopfernde Ärztin wirkte sie 
in Berlin, Tutzing und München
Der Herr schenke ihr den
ewigen Frieden

Ich hatte heute keine Ruhe. Ich dachte, haben die Bauleute wohl den Stein von der Doktorin weggeräumt? Das wäre, wie wenn man ein Stück meiner Kindheitserinnerung entsorgt. Jedes Jahr besuchten wir den Stein. Manchmal brachten wir auch Gänseblümchen mit, die von den schwitzenden Händen schon wie gebunden waren.

Vorhin stampfte ich mit Gummistiefeln dort durch den Dreck. Ich suchte zwischen den Felsbrocken und fand nichts. Ich sprach einen Bauarbeiter neben seinem Kieslaster an, wo der Stein sei. Da sollte ich weiter in den Wald gehen, der sei noch da, beruhigte er mich. Ich ging wieder die Fläche im Zickzack ab. Da war er, umwachsen von Efeu, die Tafel war aber noch gut zu lesen:

Gedenkstein in Anger unter der Autobahn

Hier zum besseren Erkennen der Inschrift:

Dr. Dr. Zweta Schalm -  draufklicken
Was war ich froh, dass der Stein noch da war! Um die Geschichte etwas sichtbarer zu machen, habe ich mich mal hinter den Gedenkstein gesetzt und die Sicht zur Autobahn aufgenommen. Es war heute immer noch nebelig, deshalb ist das Bild undeutlich:

Dort auf der Autobahnbrücke verünglückte Dr.Dr. Zweta Schalm
Dieses Jahr wäre die Doktorin 98 Jahre alt geworden. Für die damalige Zeit schon sehr beeindruckend, dass eine Frau einen doppelten Doktortitel hatte, in Medizin und Zahnmedizin. Leicht hatte sie es bestimmt nicht. Was muss das für eine Frau gewesen sein!

Ich hatte diese Ärztin gestern Abend mal gegoogelt. 
Es gibt sie nicht im Internet. 
Jetzt, 51 Jahre später, da sorge ich noch dafür, dass man 
Frau Dr. Dr. Zweta Schalm 
im Internet finden wird.
Das sollen meine heutigen Gänseblümchen sein, 
die ich ihr noch nach 50 Jahren schenke.


Mittwoch, 28. November 2012

Besteigen verboten!

Bevor ich gestern dem Schimmelreiter aus dem Nebel begegnete, fiel mir auf dem Parkplatz, auf dem ich mein Auto abgestellt hatte, etwas auf, was ich so noch nie gesehen hatte. 

Am Platzrand waren abgeholzte Baumstämme aufgestapelt. 
Daran stand der Verbotshinweis: Besteigen verboten!

Verbotshinweis auf gestapelten Baumstämmen
Ich dachte so, wie albern ist das denn? Das ist doch für Kinder wie ein Naturspielplatz. Die Baumstämme verführen doch direkt darauf herumzuklettern. Hab ich doch auch immer gemacht.

Hinter meinem Auto parkte ein Holzlaster. Ich sprach den Fahrer an, ob das nicht übertrieben sei mit dem Verbot, auf die Baumstämme zu steigen.
Da sagte er, wenn sich da mal ein Baum löst und verschiebt, und ein Kind fällt zwischen die schweren Stämme, dann kann wer weiß was passieren. Da drücken 400 Kilo aufeinander. Und damit der Waldbesitzer nicht belangt wird, schreibt er dieses Verbot an seine Baumstämme.

Och! An sowas hatte ich auch noch nicht gedacht. Das sieht doch so stabil aus! Dann machte ich noch ein Foto von dem netten Fahrer, der seine Ladung gerade sicherte. Ich fragte ihn, ob ich ihn im Blog erwähnen darf und auch seinen Holzlastwagen.

Freundlicher Fahrer mit Langholztransporter, gesehen in Anger/Obb.

Ja, lachte er, kein Problem. Aber dann soll ich auch den richtigen Ausdruck für den Laster hinschreiben. 
Das ist ein Langholztransporter.

Siehste Giselchen, dachte ich so by myself, da haste schon wieder was gelernt.



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Dienstag, 27. November 2012

Der Nebelreiter im Forst

Wie schnell das jetzt dunkel wird! Um 16.00  Uhr war's vorhin im Wald schon fast dunkel. Dann dieser Nebel. Mich zog es heute wieder nach Anger. Der Waldweg entlang der Stoißer Ache war die reinste Waschküche.
Anger/Obb. Stoißer Ache mit Forsthaus im Nebel - draufklicken
Ich bin ja keine Ängstliche. Aber hier durch den gruseligen Wald ohne Hund zu gehen, ich glaub, ich betete dauernd das Vaterunser im Wechsel mit dem Ave Maria. Aber mit Rotti, da wiege ich 600 Kilo.

Dem ist nichts hinzuzufügen
Es war so eine feuchte Luft, daß mein Pony an der Stirn klatschnass herunterhing und auf die Brille tropfte. Plötzlich zog mein Hund voraus. Ich denke, da ist doch nichts, was zieht der denn? Da kommt mir aus dem weißen Nebel was Großes, Dunkles entgegen. Ein Reiter auf einem weißen Pferd.

Oh, ich war so begeistert, ich kramte sofort meinen kleinen Fotoapparat raus. In Höhe des Reiters, der auch noch eine Kapuze über dem Kopf trug, legte ich meinen Hund am Wegesrand ab. Und obwohl meine Linse voller Nebeltröpfchen war, versuchte ich es.

Der Reiter, der aus dem Nebel kam


"Warte mal, du siehst so schön gruselig aus, darf ich dich knipsen?", fragte ich den Reiter.
"Ich bin aber kein Geist, ich bin Wirklichkeit", sagte er.
"Ja nee, macht ja nix, ich brauch dich für meinen Blog, beib mal stehen".
Ich fotografierte und fragte ihn:
"Wie heißt du? Ich bin die Gisela".
"I bin der Sepp".
"Sepp, passt das, wenn du mit dem Bild ins Internet kommst?"
"Ja freilich", lachte er und verschwand mit seinem Pferd im Nebel.

Und ich ging auch weiter mit meinem Santos durch den Nebel.
Durch den Wald, der eben anders ist.




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Lachstatar auf getoastetem Brot

Ich hatte noch Lachsscheiben im Kühlschrank, die waren vom Fischhändler zu dick geschnitten worden. Der Alte kann das besser als sein Sohn. Immer diese dicken Scheiben im Mund, nee, das mochte ich nicht mehr.

Vorhin hatte ich dann eine Idee. Ich habe die dicken Lachsscheiben in feine Streifen geschnitten und mit einem Teelöffel weicher Butter in den Mixer gegeben. Eine kleine, halbe Zwiebel dazu, etwas weißen Pfeffer und gut war's. Auf den Knopf gedrückt und so lange gemixt, bis alles cremig war.

Lachsstreifen, etwas Butter, Zwiebelchen, Pfeffer
Ich musste mich richtig zusammenreissen, zuerst das Foto von der Schnitte zu machen, bevor ich selbige aufgefuttert habe.

Lachstatar - Sieht nach nix aus, ist aber superlecker!


Hab's nicht dazudekoriert, aber Ihr solltet Kapern dazu essen. 
Guten Appetit! ;-)

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Dein ist mein ganzes Herz

Diese drei Künstler sind so super, so herrlich albern, dann das tolle Publikum, wie es so hingebungsvoll mitgeht, also das muss ich mir hier selbst im Blog konservieren.

Wenn Ihr unten auf das kleine YouTube-Zeichen am Unterrand des Films klickt, ist der Film auf dem ganzen Bildschirm.


Schade, dass die Berliner Waldbühne so weit von der Salzburger Grenze entfernt ist.
Aber das Konzert im nächsten Jahre wäre doch mal ein guter Grund, mit dem Wohnmobil dorthin zu fahren.
Ich muss mich doch mal erkundigen, wann das im kommenden Sommer ist.

Sonntag, 25. November 2012

Kommt mal mit, ich zeig Euch was

In der Nähe von Anger, wo ich als Kind mit meinen Eltern Ferien machte, ist ein weites Gebiet, wo man schön mit dem Hund gehen kann. Von dem Schuppen aus, wo ich immer parke, geht ein Weg hinunter über weite Felder und durch Waldgebiet.

Eins meiner Wandergebiete - draufklicken
Vom oberen Foto der rechte Anschluss
Und jedesmal komme ich da an einem alten, verfallenen Haus vorbei. Und immer bleibe ich am Weg stehen und schaue über die Wiese darauf und überlege, ob darin wohl mal damals Leute gewohnt haben oder ob das immer schon ein Abstellschuppen für den Bauern war.

So ging ich heute mal über die Wiese zu dem Haus, um es mir näher anzuschauen. Es war ein Steinenhaus, in dem jetzt ein Heuwagen steht.

Draufklicken, dann kann man mehr erkennen
Rechts neben dem Heuwagen führt eine Tür ins Haus. Ob das wohl der Hauseingang war?

Die Tür führte in einen Stall
Der Stall wäre eigentlich noch nutzbar. 
An der hinteren Wand befindet sich eine lange Futterkrippe.
Alter Stall mit festgestampftem Lehmboden
Die Holztür links führt in die Halle, in der der Heuwagen stand. Die oberen Deckenbalken waren wohl mal erneuert worden. An der rechten Stallwand lehnt die Holztür, die wohl zum Eingang gehörte.

Betonierter Abfluss vom Stall in Sickergrube
Ich kippte die Tür weg und fand dahinter einen grosszügig betonierten Abfluss. Wahrscheinlich lief dadurch die flüssige Gülle aus dem Stall in eine Sickergrube. Hinter der Steinwand war ja auch draußen ein Holzverbau. Dort war wohl zur damaligen Zeit das Plumpsklo. Alles rein in die Sickergrube. War ja damals normal so.

Nun sind aber über dem kleinen Stall Fensterchen, die darauf hinweisen, dass dort wirklich mal Menschen gewohnt haben. Aber wo waren die Zimmer oben, wenn doch keine Decke mehr im Haus war?

 Zimmerfenster über der Stalltür 

Ich ging links neben das Haus und blickte durch einen Sehschlitz zwischen Brettern. Da sah ich, dass damals dort eine Zwischendecke im Haus gewesen sein muß.

Am dunklen Streifen der Wand war damals die Decke
Also, der Eingang, wo jetzt der Heuwender steht, der war damals wohl ein kleinerer Hauseingang. Da stand man sozusagen im Hausflur, von wo es rechts in den Stall und links in Stube und Küche ging. Und oben waren die Schlafzimmer.

Nun brauchte ich noch einen alten Menschen, der meine restliche Neugier befriedigen konnte. Bis wann haben darin Menschen gelebt, wurden Kinder geboren und sind Alte gestorben?

Ich fuhr weiter oben ins Dorf und zum nächsten Wohnhaus, das mit akkuratem Garten dort in der Sonne stand. Ich klingelte. Es öffnete keiner. Ich ging herum und schaute durch ein Fensterchen. Dort lag eine alte Frau auf einem Eisenbett, gemütlich eingemuckelt, und hielt ihr Nachmittagsschläfchen. Sie hatte die Klingel nicht gehört.

Ich schellte im Anbau daneben. In der Frau, die aus der Terrassentür kam, erkannte ich Heidi, eine alte Freundin aus der früheren Clique wieder. So eine Überraschung! Aber nee, sie wusste nichts über die Geschichte des alten Häuschens in der Wiese. Und die Oma wollte ich nicht wecken. Bevor ich zum Auto ging, schaute ich nochmal durch das Küchenfensterchen. Oma war wach und schaute mich an.
Sie bat mich in die warme Stube. Wir saßen am Kachelofen. Ich zeigte ihr das Häuschen auf meinem Digital-Display und fragte, ob da mal Menschen drin gewohnt haben.

"Jo freilich, do ham de Wanninger drin g'wohnt. Und da rechts war das Vieh drin. Und oben die Zimmer".
Ich fragte nach dem betonierten Abfluss im Stall. Da erinnerte sie sich:
"Oh mei, wie oft ist der überg'laufen! Des woar schlimm!".
Zum Schluss fragte ich die alte Frau noch, bis wann das Haus denn bewohnt gewesen sei.
"Die letzten Leit sind nach Kriegsende ausg'storbm, ab da wohnte niemand mehr darin".

Ich bedankte mich bei der über achzigjährigen Frau und sagte, ihre Familie nebenan hätte mir das nicht sagen können. Sie wusste nicht, welche Familie ich meinte. "Ja, die Leute, die neben Ihnen im Anbau wohnen". Die kannte sie nicht.

Bevor ich fuhr, ging ich nebenan zu Heidi und sagte ihr, dass ich nun Bescheid wüsste. Nee, meinte sie, das kann nicht sein, Oma sei dement. Sie würde ihre eigene Enkelin und die Heidi ja nicht mehr kennen.
Heidi fragte ihre Schwiegertochter (die Enkelin der Oma), ob die Leute Wanninger geheissen haben könnten. Ja, es stimmte alles.

Von der Demenz der alten Frau hatte ich nichts bemerkt. Wie auch? Ich hatte ihr Fragen gestellt, die sie exakt beantworten konnte, weil sie in die Vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts gehörten.
Vielen Dank, altes Mütterchen!


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Samstag, 24. November 2012

Treibjagd in den Salzachauen

Heute fuhr ich die Landstraße entlang den Salzachauen, weil ich da ein Gebiet habe, wo ich gerne mit dem Hund gehe, weil ich da meist alleine bin. Bis auf einen Trabrennfahrer, den ich mit seinem Braunen fast immer treffe, ist da sonst nicht viel los.

Bevor ich von der Landstraße abbog in einen Feldweg, sah ich rechts in den Wiesen und am Waldrand mehrere Jäger. Schützen und Treiber, die sich im Kreis aufhielten. Naja, dachte ich, da wo ich hin will, werden die wohl nicht mehr sein.

Ich wollte gerade meinen Hund ableinen, damit er in einen Bach kann, da kamen mehrere Jäger mit ihren Hunden um die Ecke, das Gewehr geschultert. Ich sah besser vom Ableinen ab und ging weiter in meine Richtung.

Da laufe ich doch geradewegs auf einen silbergrauen PKW mit Anhänger zu, in dem eine Art Holzgestell war. Und ich traute meinen Augen nicht! Da hingen lauter ausgenommene Füchse dran! Und Wildenten.

Erlegte Füchse und Wildenten nach der Treibjagd
Wie gut, daß ich nicht mehr ohne Fotoapparat losgehe, seit ich meinen Blog schreibe. Da hingen 18 oder 20 Füchse und einige Wildenten (rechts). Sie waren schon allesamt ausgenommen. Dann hing da noch ein wunderschöner Vogel, den ich so noch nie im Wald gesehen habe.

Eichelhäher, der bei der Treibjagd auch gleich erschossen wurde
Ich bestaunte traurig diesen toten, schönen Vogel. Da hörte ich vorne im Wagen Männerstimmen. Ich nahm meinen Hund bei Fuß und fragte die vier alten Jäger in dem Auto, was das denn für ein schöner Vogel sei, den sie zwischen den Füchsen hängen haben.
"Des is a Eichelhäher", wurde ich aufgeklärt.
Dann fragte ich ganz verwundert, wie sie denn so viele Füchse erlegen konnten, das wären ja ungefähr 20 Stück auf dem Anhänger.  Man sieht ja nie einen Fuchs im Wald.  
Jo mei, des woar a Treibjagd
Ich bedankte mich für die Auskunft und fragte noch, ob ich für meinen Hund Angst um Leib und Leben haben müsse, wenn ich weiter gehe. Nein, wenn ich ihn nicht ableine...
Ja nee, is klar!

Hinter mir kamen dann die anderen Jäger mit ihren Hunden. Ich ging weiter. In einiger Entfernung drückte ich dann auf mein Zoom und knipste nochmal von Weitem die Gruppe.

Jäger in den Salzachauen
Später hörte ich noch Schüsse aus der Ferne. 
Warum werden so schöne Füchse erschossen? Richten Füchse Schaden an?  Warum die Wildenten oder der bildschöne Eichelhäher? Die Wildenten kommen wohl in die Pfanne. Der schöne Vogel wird ausgestopft. Manches will man nicht verstehen. 

An Stellen, wo ich meinen Hund schon mal ableinte, guckte dieser mich immer erstaunt an, daß ich es nicht tat. Nee Schatz, sagte ich, bleib mal schön bei Mutti. Heute nicht.

Der Bauer, dem der Wald gehört, kam mit seinem Traber vorbei. Wir grüßten uns wieder freundlich. Komisch, daß der auch immer zur gleichen Zeit wie ich daherkommt.

Ich überlegte so, ob ich mit einem Treiber zusammen sein könnte. Treiber! Wie sich das schon anhört! - Nee.
Als ich nach einer Stunde wieder zu meinem Auto kam, fuhren die Jäger gerade erst mit ihrem Anhänger daran vorbei und nach Hause. Ihre Schnäpschen hatten sie bestimmt auch schon intus. Wie sich das gehört.
Weidmanns Heil - Weidmanns Dank.

Gute Nacht allerseits!

Freitag, 23. November 2012

Die Tiroler Riesin aus dem Ridnauntal

Vor dem Bergwerksmuseum im Ridnauntal stand also diese große Holzfigur einer Frau, die im 19. Jahrhundert dort gelebt hatte.
Die Riesenmoidl mit ihren Eltern - Ridnauntal/Tirol

Ich ging daran vorbei und an die Kasse, um eine Eintrittskarte zu lösen. Die Frau fragte mich, ob ich auch ein Programm für das Bergwerksmuseum haben wollte. Nein, antwortete ich, aber mich interessiert diese Holzstatue vor dem Eingang.Was war das für eine Frau?
Aus einem Karton in der Ecke kramte die Frau an der Kasse ein altes Heft im schwarz/weiss-Druck. Auf dem Cover ein Foto von zwei Frauen, die eine 2,20 m und die Kleine ca. 1,60 m groß. Maria und ihre Schwester Rosa. Ganz schlicht stand darauf

Die Tiroler Riesin
Maria Faßnauer aus Ridnaun
1879 - 1917

Verlag Freizeitring Ridnauntal
1989

So ging ich also zuerst durch die Räume, die auf die Vergangenheit und die harte Arbeit der damaligen Bergleute hinwies. Arbeitsgeräte, Schubkarren, Fotos von Kindern, die von der Arbeit schon Hände wie Alte hatten. Sich das einmal anzusehen, ist wirklich eine Reise ins Ridnauntal/Tirol wert.

Ein Raum war der Riesin von Tirol gewidmet. Da war ihr Fingerring, in dem ein Zweimarkstück lag, um die Grösse zu demonstrieren, das Foto eines Bettes, das damalige Sommerfrischler für sie machen ließen, Kleidungsstücke und vieles andere.

Mithilfe des Heftchens will ich Euch aber nun von Maria Faßnauer erzählen, die auch liebevoll Marile oder Maridle oder Moidl genannt wurde. Der ehemalige Pfarrer des Ortes hatte 1937 einen biographischen Artikel über die zu der Zeit mehr und mehr in Vergessenheit geratene Persönlichkeit verfasst.

Maria Faßnauer wurde am letzten Februartag des Jahres 1879 auf dem Staudenhof geboren. Der steht an der Schattenseite zuhinterst im Ridnauntal auf einer Höhe von 1566 m. 
"Bis zu ihrem dritten Lebensjahre war sie ein kleines Kind wie alle anderen, dann wuchs sie mit einem Schlage über die Umgebung hinaus..., überflügelte Vater und Mutter und wuchs und wuchs, dass sich die Leute bekreuzigten, wenn sie sie sahen". 
So zu lesen in einem Bericht der "Bozner Zeitung" vom 29. November 1906.
Als Maridl  das erste Jahr die "Hoch"-Schule von Ridnaun besuchte (1350 m hoch), war sie schon so großgewachsen wie andere Kinder beim Ausschulen. Es wurde für sie eine eigene Bank in der Schulklasse aufgestellt. Aus ihrer Schulklasse ist auch eine Anekdote bekannt. Als sie mit anderen Schulkindern auf dem Heimweg war, sagten Fremde einmal zu ihr:
"Mutterl, geht's mit den Kindern heim?",
worauf sie mit ihrer rauhen Stimme antwortete: "Ich bin ja selber no a Schülerin!".

In den Jahren ihres ungestümen Wachstums hatte sie natürlich stets einen gewaltigen Hunger. Nicht teller-, sondern schüsselweise konnte sie Plenten (Buchweizen) oder Mus verzehren. Appetitanregend wirkte allein schon der weite Schulweg, denn der Staudenhof liegt eine Gehstunde vom Dorf entfernt auf steiler Anhöhe.
Zu Hause musste sie natürlich kräftig bei der Arbeit mithelfen. Sie verfügte über eine enorme Muskelkraft. Maridle war die Älteste von sechs Kindern.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wuchs in der Region der Fremdenverkehr. Und die Kunde von diesem Riesenmädchen gelangte über die zahlreichen Feriengäste in die entfernten Großstädte, wo Unternehmer des Schaustellgewerbes nach immer neuen Attraktionen Ausschau hielten.  
So trat man schon früh an die Eltern der Moidl mit gewinnträchtigen Angeboten heran; sie sollten ihre Tochter zu Schaustellungen in die Welt herumreisen lassen. Sie maß mit 11 Jahren nahezu 2 Meter und war die größte Frauensperson des Bezirks.
So das Tiroler Volksblatt am 21. Mai 1890.

Es fällt mir schwer, hier die Berichte für meinen Blog zu kürzen. Die Überlegungen dazu brauchen mehr Zeit als das schnelle Abtippen der Zeilen aus dem Heftchen. Also tippe ich ab. Wem es zu langweilig ist, der möge es überfliegen.
 
"Unlängst war ein Schaubudenbesitzer aus Wien eigens gekommen, um dies Riesenmädchen für seine Bude zu erlangen. Er bot den Eltern jährlich 600 Gulden an und die vollständige Verpflegung des Kindes sowie eine Begleiterin. Doch die Eltern, obwohl arm, ließen sich vom Gelde nicht verlocken, ihr Kind in die weite Welt zu schicken."

Weiters, gekürzt:
"...und trotzdem ihre Eltern blutarm sind, haben sie doch das glänzende Anerbieten eines Impresario ( heute Managers) abgelehnt; die Touristen aber haben gesammelt und der Moidel eine Bettstatt machen lassen, in der sie sich ausstrecken kann, was ihr bisher nicht möglich war, so daß sie schon ganz gekrümmt daher marschierte."

Foto aus meiner Broschüre. Die große Moidel mit Einheimischen u. Touristen
Ich muß jetzt kürzen, damit ich Euch nicht langweile.
1904 war die Moidel  25 und zog in die Fremde, um Geld zu verdienen. Erst sollte sie in eine vornehme Familie nach Berlin. Daraus wurde nichts. 1906 kam sie in ein "Panoptikum" nach Berlin. Dort war sie neben Zwergen, Liliputanern und anderen außergewöhnlichen Menschen einige Monate zu sehen. Ihre Schwester Anna war mitgekommen. Der gefiel das Leben aber dort nicht. Sie ging zurück ins Elternhaus. An ihrer Stelle kam Schwester Rosa mit auf die Reise.
Es folgten Zurschaustellungen in verschiedenen Großstädten. 
In Wien trat die Riesenmoidl im Stadtpanoptikum auf. Von morgens 10 Uhr bis abends 9 Uhr zeigte sie sich in einem düsteren Kellerlokal jede halbe Stunde der schaulustigen Menge. 

Plakate für damalige Schaustellerei
Nun schreibe ich weiter aus dem Kopf. Das Abschreiben würde zu lang werden. 
Marile hatte immer Heimweh. Sie hatte sich vertraglich ausbedungen, daß sie dreimal die Woche in die Kirche gehen darf. Weil sie mit der Zeit dicke Beine bekam, die bluteten, fragte sie ihren Impresario einmal, ob sie nicht bei der Ausstellung auf der Bühne sitzen dürfe. Nein, meinte er, sie solle ja ausgestellt werden und dabei nicht aussitzen.

Als der erste Weltkrieg begann, wurden diese Kirmesausstellungen eingestellt. Marile ging wieder in ihr Elternhaus nach Ridnaun. Mit den Jahren hatte sie die Schulden der Eltern bezahlt und eine schöne Summe angespart. Überhaupt hatte sie diese "Verdienstreisen" nur den Eltern zuliebe gemacht. Sie liebte besonders ihre Mutter, die oft krank war. Das kleine Mütterchen wirkte neben der Moidl wie ein Kind.   

Die Riesenmoidel mit ihrer Mutter u. Schwester Anna
Aus gesundheitlichen Gründen war sie dann gezwungen, mit dem Herumreisen Schluß zu machen. Schon im Jahre 1910 hatte sich bei ihr ein Fußleiden bemerkbar gemacht, wie einer Information der "Bozner Zeitung" vom 21. Oktober des genannten Jahres zu entnehmen ist. Nicht nur die offenen Füße machten ihr zusehends zu schaffen, sie litt auch an Wassersucht, an der sie schließlich, erst 38jährig, am 4. Dezember des Kriegsjahres 1917 starb.

Ich finde jetzt nicht die Stelle, die ich noch erwähnen möchte, habe sie aber noch im Kopf.
Als die Moidl im Sterben lag, war immer ihre Mutter bei ihr. Sie wünschte sich nur eins, daß sie ihre geliebte Mutter bald wieder bei sich habe, wenn sie gestorben sei.
Drei Wochen, nachdem Maria Faßnauer gestorben war, starb auch ihre Mutter an einer Lungenentzündung.  

Donnerstag, 22. November 2012

Meine Musik, wenn ich mit dem Wohnmobil losfahre

Vorhin erzählte ich doch von meiner Fahrt mit dem Mobil ins Ridnauntal. 

Jetzt bekam ich ein Video zugeschickt, in dem genau der Titel von  Peer Gynt gespielt wird, den ich immer höre, wenn ich den Motor anlasse und losfahre.

Morgenstimmung von Peer Gynt, Suit Nr. 1


Und hier formieren sich Musiker in Kopenhagen in der U-Bahn und spielen das Stück. Dass die Frau mit dem terrakottafarbenen Schal Tränen in den Augen hatte, kann ich verstehen.

Schlaft schön! 


Mit dem Wohnmobil ins Ridnauntal/Südtirol


Im Sommer vor zwei Jahren war ich - wie jedes Jahr - mit meinem Ritterbund bei unseren Freunden in Bozen/Südtirol. Dort wird immer im August auf der Burg Runkelstein ein mittelalterliches Theaterstück aufgeführt. 
Ich ließ mir Zeit mit der Heimreise mit meinem gemütlich dahintuckernden Wohnmobil. Ich fragte einen Tankwart auf der alten Brennerstaße, wo denn in Südtirol noch so ein alter Ort ist, wie man ihn oft in Krimis sieht. Wo die Zeit noch stehen geblieben ist. Nun ja, bekam ich zur Antwort, auch in Südtirol hat man inzwischen Telefon und Internetanschluss, da fiel ihm im Moment kein Ort ein. Da mischte sich freundlicherweise eine Tankkundin ein und riet mir, in Sterzing abzufahren. Dann sollte ich mich an die Schilder halten, die ins Ridnauntal führen. Da geht eine steile Bergstraße hoch, die an einem ehemaligen Erzbergwerk endet. Das Bergwerk bestand über 900 Jahre lang und ist nun ein Museum mit Gastronomie. Ich bedankte mich bei der netten Frau.

Von der Abfahrt in Sterzing aus war alles gut beschildert. Ich fuhr Richtung Ridnauntal. Um in dieses Tal zu kommen, musste man so eine steile Höhenstraße hinauffahren, dass ich mit meinem 1993iger Fiat Ducato zeitweise im ersten Gang fahren musste. Besorgt schaute ich auf meine Anzeige im Armaturenbrett. Der Motor wurde immer heisser. Und mir auch bei dem Anblick auf den Zeiger. Irgendwann kam in der bergigen Einsamkeit ein Lebensmittelgeschäft mit einigen Häuschen rundherum. Ich parkte dort, ließ aber den Motor laufen, damit er weiterhin durch den Ventilator gekühlt wird.
Die Frau, die zum Lebensmittelgeschäft gehörte, goß oben auf dem Balkon ihre Geranien. Ich fragte sie, wann denn diese schrecklich steile Straße endlich zuende wäre. Sie antwortete etwas. Ich bat sie, das nochmal in Hochdeutsch zu wiederholen. Also, nochmal eine Viertelstunde weiter bergrauf.

Ridnauntal in Südtirol an einem Herbstmorgen - Wikipedia
Wenn ich jetzt beim Schreiben wieder so an die Fahrt denke, wo mein Wohnmobil schwitzte und ich auch, dann wird mir schon wieder ganz heiss. Ich wollte doch nur in ein Tal fahren. Aber in den Südtiroler Bergen ist eben alles etwas anders. Da fährt man einen hohen Berg rauf, um dort in ein Tal zu fahren, wo rundherum die richtig hohen Berge erst einmal anfangen.

Dann hatte ich es geschafft. Oben waren große Wiesenflächen, auf denen die Autos parkten. Ohne großartige Einteilung. Bergsteiger kamen und gingen. Links war eine Gaststätte, in deren Gastgarten Jazz gespielt wurde. Rechts war ein großes Gebäude, grau und schmucklos, das wohl in den sechziger Jahren ein Hotel gewesen sein muss. Ich fand für mein Wohnmobil einen Platz vor dem gruselig anmutenden Gebäude. Während ich noch zur Kühlung den Motor laufen ließ, legte ich mich so über mein Lenkrad und starrte auf das Haus, das aussah wie eine Häuserleiche. Die Beete rundherum schmückten wohl damals schöne Blumen. Nun war dort alles voller Unkraut. Perfekt für einen Gruselfilm.

Im Gastgarten bestellte ich mir ein Radler und setzte mich zu den Musikern. Die Gruppe bestand ausnahmslos aus Menschen mit Downsyndrom. Sie spielten perfekt. Jeder beherrschte sein Instrument fehlerfrei. Der Dirigent war der Betreuer. Und wenn ein Stück zuende war, gab es tosenden Applaus, dann strahlten die Musiker.
Als ich so als einziges Fahrzeug den Berg hinauffuhr, hätte ich nie gedacht, dass ich hier so viele Menschen vorgefunden hätte. Auf meine Frage, was es mit dem grauen Bauklotz auf sich habe, antwortete der Kellner, das sei das Wohnhaus für die Arbeiter gewesen, die noch bis 1978 dort Erz abgebaut haben. Und ich erfuhr, dass ich 1.417 Meter hoch gefahren bin!! Mein armes Wohnmobil.

Ich ging um das Gastgebäude und kam zum Eingang des Bergwerkmuseums mit Museumsstollen. Auf einer Tafel stand, dass Heerscharen von Bergarbeitern in knapp einem Jahrtausend wertvolles Silber, Blei und Zink unter extremsten klimatischen und arbeitstechnischen Bedingungen zu Tage förderten. 

http://www.bergbaumuseum.it/de/ridnaun/information/index.asp

Dann stand da noch am Eingang die geschnitzte Holzfigur einer Frau, die im 19. Jahrhundert dort lebte, und deren Geschichte mich nun mehr interessierte als das Bergwerksmuseum.
Es war die wohl  damals bekannteste Persönlichkeit aus dem Ridnauntal, Maria Fassnauer, die Ende des 19. Jahrhunderts als die Riesin von Tirol europaweit bekannt wurde. Sie war rund 2,20 m groß und galt bis zu ihrem Tod 1917 als die größte Frau der Welt.

Davon erzähle ich Euch morgen weiter. 
Hier aber schon mal ein Bild von Marile, mit deren Lebensgeschichte ich mich richtig beschäftigt habe:


Die Riesin Marile mit ihrer Schwester Rosa
 

Mittwoch, 21. November 2012

Womo-Trip ins Elbsandsteingebirge

Beim Aufräumen meines Schreibtischs fand ich gerade einen Prospekt von der Festung Königstein im Elbsandsteingebirge in Sachsen. Wenn man nicht alles schriftlich festhält, vergisst man wirklich viel.

Für alle, die ihr verlängertes Wochenende mal für eine Kulturreise nutzen wollen, will ich diesen Vorschlag machen. Da ich keine Fotos gemacht hatte, füge ich hier mal einen Informations-Link dazu ein:

http://de.wikipedia.org/wiki/Festung_K%C3%B6nigstein

Dann gibt es hier noch einen wunderschönen YouTube-Film über das Elbsandsteingebirge, den man sich wirklich mal eben anschauen sollte. Er dauert nur etwas über sechs Minuten. Aber so seid Ihr wenigstens einmal virtuell dort gewesen.


Ich finde den Film so schön, dass man ihn sogar zur Entspannung öfter sehen sollte. Die schöne Hintergrundmusik, die Szenen, welche für uns auf der Lauer liegende Naturfilmer machten, einfach alles.

Für die Leser, die im Ausland mein Video nicht öffnen können, füge ich hier den Link zu dem Video ein.
Für meine Freundin Lucretia aus dem Bozener Ritterbund zum Beispiel ;-)  

http://www.youtube.com/watch?v=IWFKjzVWabI&feature=related


Und hier noch eine Drei-Minuten-Reise: 
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=iUpXgJSd7do

Heute bin ich mal kurz und bündig.
Ich wünsche Euch einen schönen Novembertag.
Macht einfach etwas daraus, auch wenn das Wetter usselig ist.

Montag, 19. November 2012

Der Knast in der Lebenau

Die Lebenau ist ein Auengebiet an der Salzach. Die Salzach ist der Grenzfluss zwischen Bayern und dem Salzburger Land. Und die Lebenau gehört zum Ort Laufen an der Salzach.

Schon als Kind fiel mir in der damaligen Fernsehsendung "Königlich Bayrisches Amtsgericht" immer auf, dass von Spitzbuben die Rede war, die schon in der Lebenau eingesessen waren. "Ach geh', der Hallodri kimmt do scho aus der Lebenau!", wurde dann verächtlich von jemandem gesprochen, der etwas auf dem Kerbholz hatte.

Nun bin ich inzwischen erwachsen geworden und wohne tatsächlich nicht weit von der Lebenau. Ich bin ja vor fast 30 Jahren vom Ruhrgebiet hierher gezogen, wo ich als Kind mit meinen Eltern Ferien gemacht hatte.

Gestern fuhr ich mal wieder dorthin in die Lebenau und in den abseits von der Landstraße liegenden Wald, die Auen, durch die die Salzach fliesst.Obwohl das Gefängnis schon historisch ist, fand ich im Netz keine alten Aufnahmen davon. Aber ich fand von Laufen ein altes Bild.

Altes Gemälde von Laufen aus Wikipedia
 
Zu dem Bild aus dem historischen Laufen füge ich mal den interessanten Link von Wikipedia ein. Leider wird das alte Gefängnis dort nur unter den öffentlichen Einrichtungen aufgeführt. Alte Bilder davon gibt es wohl nicht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Laufen_%28Salzach%29

Wenn man nun durch diesen Waldweg auf das Gefängnis zufährt, sieht das eher unspektakulär aus. Der Parkplatz für Besucher, das eiserne Tor mit Überwachungskamera und Hinweisschildern, ganz kalt und normal. Anfangs hatte ich ein altes Gebäude erwartet, so ca. 200 Jahre alt.

Rechte Torseite





Beschilderung linke Torseite

Von hier geht es rechts einen schönen Waldweg runter. Immer entlang dem umzäunten Gelände, das zu dieser Anstalt gehört.

Auf dem Gefängnisgelände Laufen-Lebenau
Vorbei an gepflügten Feldern und jungem Baumbestand. Da hier halboffener Vollzug besteht, können die Gefängnisinsassen hier auch draussen lernen und sogar einen Abschluss machen.
Könnte man hier nicht Reben anpflanzen?
Weiter runter in den Wald, kam ich an einem stufenartigen Wiesenhang vorbei. Alles ist gepflegt und für den Winter vorbereitet. Die Fotos machte ich, indem ich mich einfach auf die Zehenspitzen stellte und über den Stacheldraht knipste.

Auf dem Rückweg sah ich aus der Ferne die Gebäude, die eher wie eine Ferienanstalt oder ein Reiterhof wirkten.
Forstanlage der JVA Laufen-Lebenau
Sogar eine schöne, offene Halle für die landwirtschaftlichen Nutzgeräte war vorhanden.

Landwirtschaftlicher Gerätepark in der Lebenau

Und natürlich überall diese Schilder:

Wenn man diese Warnschilder nicht immer gesehen hätte, würde man glauben, man wandert an einer normalen Freizeitanlage vorbei, die sich in den weiten Wäldern an der Salzach befindet. Rundherum ist nur Wald.

Gestern fragte ich mich so, ob da nicht einfach mal jemand ausbüxen könnte. Einfach eine Kneifzange mitführen, den Maschendrahtzaun aufknipsen und abhauen. Aber wohin? Dann fand ich etwas, das meine Frage beantwortete:
http://www.rosenheim24.de/bayern/ausbruch-beendet-haeftlinge-geschnappt-686217.html

Hier mal die Homepage der Justizvollzugsanstalt:
http://www.justizvollzug-bayern.de/JV/Anstalten/JVA_Laufen/

Und ein Forum haben sie auch. Und einen "Grundkurs Knast".
https://www.knast.net/prison.html?id=7457

Tja, so komme ich vom Mittelalter und lecker essen und trinken und Fahrten mit dem Wohnmobil auf ein ganz anderes Thema.
Erst durch den Spaziergang dort habe ich mich jetzt einmal näher mit dem Thema Knast beschäftigt.
Vieles wusste ich so auch nicht. Ihr bestimmt auch nicht. Deshalb habe ich heute mal davon erzählt.