Nach der langen Fahrt bis zur ungarischen Grenze mußte ich mich nun erst einmal um meinen Hund kümmern. Wir flanierten am Neusiedler See an dem kleinen Hafen vorbei, an dem die schönsten Segelschiffe standen. Neben dem Hafen befand sich sogar ein Campingplatz, obwohl am Eingang ein Schild war, "Campen verboten".
Man hatte Markisen rausgedreht und die Gartenmöbel rausgestellt.
Einigen spielten Federball, man grillte, alle ignorierten das Verbot. Es sagte aber auch keiner was von der Festspielleitung.
Freundlich, wie ich bin, grüsste ich einen Deutschen, der laut Nummernschild aus Niederbayern war. Er sass vor seinem Wohnmobil und rauchte.
"Servus, ich dachte, man darf hier nicht campen. Ich stehe dahinten unter den Birken mit meinem Hobby 600", sagte ich. "Mit Erlaubnis des Kartenbüros".
"Ach, das machen hier alle, da sagt keiner was", meinte er. Ich konnte ihn kaum verstehen, weil sein Terrier ihn während des Sprechens laut bellend unterbrach. Der Mann wirkte aber auch nicht auf seinen Hund ein. Er grinste mich an. Dabei kamen zwei Zahnreihen zum Vorschein, für deren Werk ich den Zahnarzt verklagt hätte. Oben pferdemäßig dick und gelb und unten dunkelgelb verraucht. Der Halter des alten Hymer auf Ducato war so zwischen 65-70 Jahre alt.
Gleich gäbe es ein Gewitter, es wäre besser, wenn ich mein Mobil von den kleinen Birken weg und neben ihn stellen würde. Nee, wollte ich nicht, ich brauchte den Schatten für meinen Hund.
Was ich denn jetzt noch machen würde? Ich guckte erstaunt ob seiner Neugier und antwortete, ich ginge gassi und dann mit meinem Hund Tretboot fahren.
"Ja, da komme ich doch gleich mit!", meinte er und erhob sich schon vom Steiß.
"Wie bitte? Nein, ich fahre alleine Tretboot mit meinem Hund", entsetzte ich mich.
"Ja, ist doch schöner, wir beide zusammen".
"Nein, ich glaub's wohl! Ich fahre alleine mit meinem Hund Tretboot!".
Ich ging mit Santos weg. So ein Tünnes!
Nach einer Stunde war ich wieder zurück am Mobil. Ich holte nur den Aussenteppich raus, drehte die Markise raus und kettete den Hund schön im Schatten an. Santos knusperte seinen Kauknochen und war zufrieden.
Derweil zog ich meinen Badeanzug an, nur einmal bis zur Taille, weil ich mich ja noch mit Sonnenschutzmittel eincremen wollte. Die Fenster hatte ich für den kühlen Durchzug alle geöffnet, nur die Gardinen zugezogen.
Da sehe ich durch die Gardine den Mann aus Niederbayern auf mich zuradeln. Schnell den Badeanzug über die Brust gezogen. Das gibt's doch nicht! Er radelte vorbei an meinem Führerhaus und bremste noch so eben vor meinem angeketteten Hund ab. Der ging natürlich bellend in die Kette.
Der hartnäckige Mann wäre wahrscheinlich noch einfach bei mir reingebaselt! Als er am Seitenfenster über der Sitzreihe stand, lehnte er sich mit beiden Armen frech auf meinen Fensterrahmen und grinste mich mit seinen Pferdezähnen an:
"Na? Sollen wir beide doch nicht zusammen Tretboot fahren?".
"Jetzt ist aber Schluss! Machen Sie endlich, dass Sie wegkommen!", rief ich und klappte das Seitenfenster so schnell zu, dass er gerade noch seine Arme vom Fensterrahmen ziehen konnte.
Nee nee, Leute gibt's! Den habe ich danach nur noch aus der Ferne gesehen.
Jedenfalls bin ich dann eine Stunde mit meinem Hund über den Neusiedler See getrampelt. Es war herrlich! Mit dem Tretboot durch die Kulissen, die auf den See gebaut wurden. Zwischen der alten, hinteren Bühne und der neuerbauten Bühne ist nur Wasser, wo man mit dem Boot durchfahren und sich alles anschauen kann.
Ausflugsschiffe, die zwischen Ungarn und Österreich pendelten, fuhren an mir vorbei. Ich hatte so ein Spässchen, dass ich ihnen laut jodelnd zurief und winkte. Sie lachten und winkten zurück. Zwischendurch bin ich ins Wasser geplumpst und wieder an Bord gekrabbelt, das machte schlapp bei der Hitze.
So hatte ich bis zur Operetten-Vorstellung einen wunderschönen Tag. Als die dicken Wolken aufzogen, schaffte ich es noch gerade zum Wohnmobil. Markise rein, Teppich liegen gelassen und Tür zu. Es prasselte auf's Dach, es blitzte und donnerte, dass es nur so krachte.
Ich fiel auf mein Bett und schlief sofort ein. Als durch die großen Lautsprecher das bekannte Lied vom Schweinefürsten erklang:
Ja, das Schreiben und das Lesen ist nie mein Fach gewesen,
denn schon von Kindesbeinen befass ich mich mit Schweinen... ,
da wurde ich wach. Die Ansagerin verkündete, dass die Operette in 30 Minuten anfinge und wir uns beim Wettergott bedanken könnten.
Ich schaute aus dem Fenster, die Sonne schien wieder. Ich hatte noch eine halbe Stunde, mich schnell aufzubrezeln. Hübsch gemacht, das Körbchen mit Sekt und Glas und Servietten eingepackt, Eintrittskarte in die Hand und ab in die Vorstellung.
Da ich den dicken Schweinefürsten so lässig fand, wie er sein Lied vortrug, füge ich das mal hier aus YouTube ein. Das Lied ist nach ca. zweieinhalb Minuten aus. Dann geht's aber noch nett weiter bis zu 8:00 Min.
Hallo Gisela !
AntwortenLöschenDanke für deinen Besuch auf meinem Blog. Hier also die Gegenvisite.
Beim Camping kann man schon einiges erleben. Sowohl Positives als auch weniger Nettes. Aber du hast dem aufdringlichen Zeitgenossen ja deutlich gezeigt, was du von ihm hälst.
Und wie schön, dass das Wetter dann doch noch mitgespielt hat.
Lieben Gruß
Uta (Traveller)