Freitag, 26. April 2013

Keinen Stellplatz für's Wohnmobil?

Dann bastel' ich mir einen!  

In Wohnmobilforen gibt es eine Rubrik, wo sich Reisemobilfahrer untereinander Tipps geben, wo man auf der Durchreise zum Ziel trefflich übernachten kann. Da geht es dann um Kriterien wie Ver- und Entsorgung von Frisch- und Brauchwasser. Kann man sein Campingklöchen dort entleeren? Gibt es einen Stromanschluss? Das ist für Familien alles wichtig. Ich als Einzelperson mit meinem Hund bin für drei Tage autark. Auch was die Stromversorgung für TV (Tatort!) und Licht und Wasserpumpe angeht.

Unsere Gutrater Ritterschaft besucht alljährlich in Bozen die mittelalterlichen Theaterfestspiele auf der Burg Runkelstein.


Unterhalb der Burg fliesst ein schöner, grosser Wildbach, daneben ist ein gut ausgebauter Lauf- und Radweg. Die Parkmöglichkeiten sind schon für PKW fast unmöglich. Meine Mittelalterfreunde lassen sich vom Vorort immer mit grossem Stinkross (Reisebus) bringen.

Nun kam ich mal extra schön rechtzeitig - entgegen meiner sonstigen Art. Meine Schneise unterhalb des Burgberges war zwar frei, jedoch knallte die Sonne volles Pfund gegen die Felswand, wo ich nur nächtens stehe, wenn die Vorstellung ist. Es war Mittag, als mich die Navitante zu meiner Schneise führte. 

Mein Hund lag schon im Mittelgang, wo von der Decke ein starker Ventilator auf ihn blies und ihm Kühlung verschaffte. Ich hatte das teure Teil mal extra für meinen Hund anbringen lassen. Den normalen, kleinen raus und einen grossen, leistungsstarken rein.

Nein, da konnte ich nicht bis zum Abend bleiben! Da wird mein Wohnmobil zum Backofen.
Ich erinnerte mich daran, dass ich mal weiter flussabwärts einen grösseren Parkplatz sah, auf dem auch Wohnmobile standen. Der Platz war immer voll. Und obwohl ich nicht viel Hoffnung hatte, dort zu stehen, fuhr ich hin.

Zwei Rentner mit Baskenmütze sassen auf einer Betonmauer und schauten mich erstaunt an, als ich einfach auf den proppenvollen Parkplatz fuhr. Da hatte nicht mal mehr ein Motorrad Platz! Ich fuhr einfach bis zur Schranke, hinter der sich ein grosser, freier Schotterplatz erstreckte. Was jetzt, wenn die Schranke verschlossen ist? Dann muss ich rückwärt durch die Enge der parkenden Autos wieder hinaus.

So stieg ich einfach aus und ging zur Schranke. Zu meinem Glück war sie nicht verschlossen. Ich drückte sie hoch, stieg wieder ins Mobil und fuhr über den freien Platz bis hinten unter einen dicken Strauch, daneben ein Caterpillar. Ich stand im kühlen Schatten! Dann öffnete ich alle Fenster auf Durchzug, liess die Aufbautür offen (hab ein Gartentörchen darin, damit der Hund geschützt ist) und rannte zur Schranke, um sie sofort wieder zu schliessen.

Was das für ein Glücksgefühl ist, das kann nur ein Reisemobilfahrer verstehen, der vielleicht sogar Kinder oder Tiere an Bord hat. 
Ich wischte mir mit einer Serviette den Schweiss von der Stirn, liess den Hund nur eben das Bein heben und machte mir dann mal was zu essen. Ausser Kaffee hatte ich bis zum Mittag nichts im Magen. 

Plötzlich fuhr ein mittelmausgrauer, unscheinbarer Kombi vor meine Aufbautür. Sein Blick war der eines Grundstückseigners, der gleich Gift spritzt.
Noch mein Lachsschnittchen in der Hand, stieg ich aus und sprach ihn an, bevor er den Mund aufmachen konnte.

"Grüss Gott! Sind Sie die Polizei? Und sprechen Sie deutsch?"

"Nein, ich bin der Besitzer dieses Platzes".

"Och, da bin ich aber jetzt erleichtert! Wissen Sie, mit der italienischen Polizei ist ja wirklich nicht zu spassen. Aber mit Ihnen kann ich ja reden. Als Südtiroler sind Sie ja eigentlich Österreicher", gurrte ich patriotisch. Ich als Deutsche! Blödsinn aber wurscht.

"Ich gehöre zur Bozener Ritterschaft", übertrieb ich und zeigte da oben auf die Burg Runkelstein.

"Wir haben heute Abend ein grosses Fest. Wenn Sie mir nur gestatten, dass ich für zwei oder drei Stündchen hier im Schatten stehen kann. Es geht da auch mehr um meinen Hund, der sehr mitgenommen ist. Ich mach auch nichts schmutzig".

"Dann machen Sie aber hinter sich wieder die Schranke runter", brummelte er, nicht ohne ein Lächeln auf seine düstere Miene zu zaubern.      

"Ach, Sie sind so entzückend, vielen Dank! Darf ich Ihnen ein Lachsschnittchen anbieten?".

"Nein danke, habe gerade zu Mittag gegessen", antwortete er und parkte etwas weiter, um dann zu Fuss über den Auenweg zu verschwinden.

Au Mann, war ich froh! Was war ich froh! Das war für mich nicht nur ein Momentsieg, das war ein Folge-Erfolg! 
Ich schaute aus dem Fenster neben mir auf den Caterpillar. Darauf standen Name und Adresse und Telefonnummer des Grundstücksbesitzers, der mir gerade erlaubte, dort stehen zu bleiben. Ich stieg aus und schrieb mir die Daten in mein schwarzes Logbuch. Dann ging ich in Ruhe mit meinem Hund die grosse Runde, wir badeten an einsamen Stellen im kühlen Wasser. Ich schmiss einfach mein dünnes Sommerkleidchen auf einen Felsbrocken und tauchte langsam unter, bis die Kühle fast meine Knochen erreichte. 

Ungefähr vier Stunden später fuhr ich dann wieder die Strasse hinauf zu meiner Schneise neben der Felswand. Die Sonne war schon zur Hälfte hinterm Berg untergegangen. Und mit dem Aufreissen sämtlicher Fenster und Türen wurde es erträglich. Als ich fertig gewandet war, fuhr hinter mir schon das grosse Stinkross mit meinen Freunden vor. Es wurde ein wunderschöner Abend. Und ich hatte an dem Tag mein eigenes Krisenmanagement erfolgreich gelöst.

Nun habe ich im Mobil in meiner Klarsichthülle einen neuen Parkzettel, den ich vorne und hinten am Mobil anbringe, wenn ich wieder zur Burg Runkelstein fahre.
 
Auf Din-A-4-Grösse steht geschrieben, schön am Computer:

Ich parke mit Erlaubnis des Grundstückseigentümers
Herrn Johann Sowieso aus Sowieso, Tel.-Nr. soundso 

Prima, nicht? Hat in 11 Jahren Wohnmobilfahren immer geklappt.

Schloss Runkelstein in Bozen
 
  

4 Kommentare:

  1. Manchmal ist Angriff die beste Verteidigung.
    Gisela, Du setzt doch immer Deinen Willen durch.

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  2. Frau muss sich eben zu helfen wissen. Super Bericht - ich habe Dich dabei fast reden gehört und gesehen.

    Liebe Grüße
    Andrea (Einrun)

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    1. Hallo, liebe Einrun,
      ja, da freue ich mich aber! Da beamst Du Dich aus dem Mittelalter in meine neuzeitlichen Erzählungen mit meiner fahrbaren Kemenate! Wie toll ist das denn!??
      Viele liebe Grüße
      Gisela

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    2. Liebe Gisela,

      Zeitmaschinen sind eben eine ganz famose Erfindung! *lach*

      Ich fand Deine Berichte im Huscarl-Forum sehr nett und unterhaltsam und habe gleich mal bei Dir hier weiter gelesen. Ich mag Deine Art, Alltägliches humorvoll und mit Schmäh zu meistern und darüber dann auch noch unterhaltsam zu erzählen. Mit der Einstellung gelingt vieles einfach besser und leichter. Außerdem finde ich es klasse, dass Du Dich nicht unterkriegen lässt.

      Weiter so! :-D
      Liebe Grüße
      Einrun

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