Mittwoch, 12. Juni 2013

Das Sühnekreuz

ist noch ein Relikt aus dem Mittelalter. Tötete jemand einen Menschen im Affekt, so wurde vor dem 13. Jhd. die Gerichtsbarkeit gar nicht eingeschaltet. Mit dem Aufstellen eines Sühnekreuzes seitens des Täters wurden damals Blutfehden wegen eines Mordes oder Totschlags zwischen zwei verfeindeten Parteien beendet.

Es gibt Karten, die auf aufgestellte Sühnekreuze in ganz Deutschland und Europa verweisen. Oft ist auch die Mordwaffe in das Kreuz gemeißelt worden, dem der Entleibte zum Opfer fiel.
Etwas Geschriebenes hätten die Bauern doch nicht lesen können.

Eine Auflage für den Täter war es zum Beispiel, den Leichenschmaus zu berappen oder den Hinterbliebenen eine Entschädigung  zu zahlen. In manchen Gegenden durfte der Mörder auch diesen Ort für einige Jahre nicht mehr besuchen, mußte ganz wegziehen. Oder er durfte den Hinterbliebenen ein Leben lang nicht mehr unter die Augen treten.

Erst im Jahre 1533 unter Kaiser Karl V trat an Stelle dieser privaten Abmachungen das ordentliche Gericht in Kraft. Der Täter wurde nach der neuen Gerichtsbarkeit verurteilt.

Über diese Sühnekreuze habe ich schon viel gelesen. Es gibt sogar eine Seite dazu:

Sühnekreuze und Mordsteine (klick)

Und hier sind sogar Bilder zu den Sühnekreuzen (klick).

Und hier, ganz interessant:
Als Totschlag noch per Vertrag geregelt wurde (klick)

Gestern wanderte ich mit meinem Santos in Anger-Aufham entlang eines Baches. Es ist ein alter Feldweg, der - inzwischen schön gepflastert -  als Lauf- und Radstrecke ausgebaut wurde.

Da steht tatsächlich so ein Sühnekreuz!
Draufklicken, dann wird's größer.

Sühnekreuz am Feldweg in Aufham
Bei der Gelegenheit sah ich auch das Totenbildchen eines ehemaligen Landwirts und Ringers aus Anger, den ich noch kannte. Dieser soll vor Jahren das Kreuz dort errichtet haben, weil da mal irgendwas vor vielen Jahren gewesen ist. Das möchte ich doch mal wissen.

Durch Telefonate mit der Gemeinde, die ich vorhin führte, verwies man mich auf den dortigen Heimatpfleger, der mir bestimmt eine Auskunft darüber geben kann, warum dieses Sühnekreuz dort am Wegesrand steht.

Sobald ich etwas darüber weiß, füge ich es dieser Geschichte an.

Nachsatz:
Soeben telefonierte ich mit der Frau des Kreisheimatpflegers. Der Bauer, der jetzt tot ist, fand dieses Kreuz neben der Ache (Bach) im Gebüsch auf seinem Grund. Es ist ein Original aus damaliger Zeit und aus Untersberger Marmor gemacht worden. Daß das wohl Untersberger(klick) Marmor ist, erkannte ich schon selbst, weil der Gedenkstein für meine Hunde im Garten genauso eine Farbe hat. Die Gemeindeverwaltung hat das Steinkreuz dann gereinigt und ihm den holzgeschützten Platz gebaut.

Was es aber mit dem Sühnekreuz auf sich hatte, das konnte nicht mehr ermittelt werden. Und so steht es jetzt da am Feldrand und erinnert an eine Moritat im Mittelalter. 

Ach, und jetzt bekam ich noch einen Rückruf. Der Cousin des verstorbenen Bauern sagte mir, das Kreuz sei am Russen-Dümpfel (=Tümpel) gefunden worden. Ich fragte, warum das so heißt. An dieser Stelle in der Ache hätten sich damals im Zweiten Weltkrieg immer die russischen Gefangenen waschen müssen. Aber mehr konnte er mir auch nicht dazu sagen.

Oh nee, das wird ja immer kurioser!
Ich bleib dran.


2 Kommentare:

  1. Das klingt allerdings nach einer spannenden Geschichte. Vielleicht gibt es irgendwo noch kirchliche Aufzeichnungen oder eine Art Gemeindechronik aus der Zeit, wo Du mehr findest? In solchen Chroniken müßte das doch auch verzeichnet gewesen sein.

    Liebe Grüße
    Andrea (Einrun)

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    1. Oh, hatte erst eine falsche Antwort gegeben. War noch bei dem gestrigen Erlebnis in Waging.
      Zu dem Sühnekreuz will ich in Anger mal zum Bauamt gehen. Die haben vielleicht schon in der Sache recherchiert. Wenn ich etwas erfahre, dann füge ich es noch nachträglich ein.
      LG Gisela

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